Die Geschichte des Hämchen Pröter

Die folgende Geschichte ist frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind ungewollt und rein zufällig. Die fiktiven Geschehnisse sind jedoch auch viel zu abstrus, als dass so etwas wirklich geschehen könnte.

Im dunklen Hunsrück lebte einst das Hämchen Pröter mit ihrem Mann Krischan, ihrem Stups, dem „besten Mann von Welt“ und ihren Pferden und Hunden, ein paar Katzen und Hühnern. Verdammt viel hatten sie schon zusammen erlebt, riesige Höhen und ganz schöne Untiefen waren darunter gewesen, aber zusammen hatten sie alles bewältigt und sich hier bei Morbach ihr eigenes, kleines Paradies geschaffen. Zusammen waren sie einfach unschlagbar, wie der Stups immer zu sagen pflegte…

Für die Nachbarn und alle Freunde waren das Hämchen und ihr Stups einfach nur das Dreamteam, ein ideales, harmonisches Paar, das keinen Streit kannte und einander einfach nur von Herzen lieb hatte.

Und so hätte es enden können wie jedes Märchen endet: „Und wenn sie nicht gestorben sind…“ Doch alles sollte ganz anders kommen, das Schicksal sollte die beiden eiskalt erwischen.

Mittlerweile war das Hämchen 70 Jahre alt geworden, der Stups 75, zusammen waren sie jetzt seit mehr als 45 Jahren. Natürlich, die Schmetterlinge im Bauch wurden mit der Zeit weniger, doch die beiden verstanden sich meist ohne viele Worte, immer waren sie füreinander da. Fast schon ein Ritual – die abendliche Umarmung, ein dicker Kuss und seine Worte „Und wenn was ist, sag Bescheid, Hämchen!“ Denn schon immer schliefen sie getrennt, da der einzige Fehler, die das Hämchen an ihrem Gefährten zu bemängeln hatte, sein lautstarkes Schnarchen war. Der Stups arbeite weiter in der eigenen Kanzlei als Familienrechtsanwalt in Köln, aber versuchte jetzt, mehr Zeit zuhause zu verbringen, viel von dort zu arbeiten.

Alles begann wohl damit, dass zuerst das Hämchen an MS und COPD erkrankte, und immer mehr an Leistungsvermögen verlor und der Stups deshalb 2006 offiziell das gemeinsame Gestüt alleine übernehmen musste. Aber auch das bewältigten die beiden. Nur die Urlaube mit den Hunden, die waren gemeinsam nicht mehr lange möglich, immer schlechter bekam das Hämchen Luft. Einer musste auf die daheimgebliebenen Hunde und die Pferde achten. Gemeinsame Flüge verhinderte die COPD. Also schickte das Hämchen ihren Stups allein um die Welt, organisierte Urlaube in Dubai, Singapur, Australien, Griechenland und Rom. 2021 wollte sie ihn nach den ganzen COVID-Beschränkungsjahren mit einem Irland-Urlaub überraschen, wo sie beide so gerne einmal gemeinsam hinwollten, doch dazu sollte es nicht mehr kommen.

Alles bekann damit, dass der Stups immer öfter zeitliche Aussetzer hatte, manchmal spätabends meinte, jetzt aber langsam doch ins Büro zu müssen, obwohl er gerade erst nach Hause gekommen war oder beim Mittagessen meinte, das sei aber mal ein opulentes Frühstück. Dabei benahm er sich derart sprunghaft und teilweise auch albern, dass ihre damalige Stallmeisterin, Ronja Lückert, die mit ihnen aß, das Hämchen letztlich immer öfter vielsagend ansah und ihr zuflüsterte, sie solle zusehen, dass er sich wieder hinlege, das hätte doch immer geholfen.

Es half meist, aber wenn er dann wieder aufstand, fehlten ihm die ganzen Stunden vorher. Dann passierten weitere, mysteriöse Dinge. So stand er nachts wie gewohnt häufiger zum Toilettengang auf und lies dann seine „Flurbande“, die Hunde, die bei ihm schliefen auch nochmals raus. Nur vergaß er dann, sie wieder reinzuholen, was im tiefsten Winter besonders für die alte, rote Maus Kimi ziemlich belastend war. Zum Glück bellte sie dann solange, bis das Hämchen, das separat mit den andren schlief, wach wurde. Aber nach dem 5. oder 6. mal bastelte sie dann doch lieber auch in die massive Haustür eine Hundeklappe. Was auch ganz gut funktionierte – bis der Stups meinte, es zöge im Arbeitszimmer zu sehr und die Klappe schloss. Und vergaß, sie abends wieder zu öffnen. Also stellte sich das Hämchen den Wecker auf 2h nachts und öffnete sie, falls wieder einmal geschlossen. Damit war auch dieses Problem gelöst.

Doch die Vorfälle häuften sich. Irgendwann war er mit den 3 Hunden der Flurbande, spazieren, kam zurück und stellte erst vor der Haustür fest, dass er einen Hund unterwegs samt Leine verloren hatte. Er war völlig fertig, weinte. Das Hämchen nahm ihn in den Arm, tröstete ihn und  verneinte seine Frage, ob er etwa verrückt würde…. Ronja und das Hämchen suchten Lixy stundenlang, aber irgendwann kam sie von selbst zurück und flutschte völlig echauffiert durchs Törchen und die Hundetür ins Haus.

Das Hämchen hatte fürchterliche Angst um ihren Stups, wusste nicht mehr, was sie machen sollte, um ihm zu helfen. Eiskalte Hände griffen nach ihrem Herzen.

Im Juni 2020 war einer dieser Anfälle dann so schlimm, dass das Hämchen den Notarzt rufen musste. Der Rettungswagen brachte ihren Liebsten sofort ins Klinikum, sie durfte mitfahren und ihn beruhigen. Doch dort behandelten sie ihren armen Mann wie einen Geisteskranken, so dass er am nächsten Tag verzweifelt anrief und bat, ihn abzuholen. Das Hämchen setze alle Hebel in Bewegung und organisierte auf die Schnelle einen Platz im Bundeswehrzentralkrankenhaus, wo er auch einziehen durfte und erst einmal von Kopf bis Fuß untersucht wurde – die gestellte Diagnose war alles andre als ermutigend – transitorische ischämische Attacken, am ehesten bedingt durch eine ausgeprägte Makroangiopathie. Genaueres aber fand man nicht, außer starken Veränderungen durch Alkoholabusus. Eigentlich trank der Stups ja nicht sonderlich viel, vielleicht 2 Flaschen Bier abends, aber das halt regelmäßig. Es wurde ihm dringend zu einem Entzug geraten, aber dies keinesfalls im Alleingang.

Genau das aber tat er und hörte sofort mit dem Alkoholkonsum auf. Und das Hämchen, dieser Volltrottel, war begeistert. Sie hatte diesen Passus in der Diagnose völlig überlesen, und er verlies sich sowieso diesbezüglich nur auf sie.

So kam es, wie es wohl kommen musste – die Anfälle begannen sich nach kurzer Zeit wieder zu häufen, so 1-2 x die Woche war „normal“. Im Mai 2021 war es aber wiederum so beängstigend, dass der befreundeten Hausarzt gerufen wurde. In der Wartezeit passierten ein paar schlimme Dinge, u.a. schlug er sein Hämchen mit dem Kopf an den Kleiderschrank – etwas, was er niemals getan hatte oder tun würde! Er weinte, sagte, dass er seinem Hämchen doch nie wehtun könne, und sie tröstete ihn, denn Absicht war das mit Sicherheit nicht gewesen. Er schrie immer wieder, so könne er nicht leben und die kalten Hände drückten ihr Herz zusammen. Sie war heilfroh, als der Arzt  endlich kam. Nachdem er ihren Liebsten gründlich untersucht hatte, nahm er sie zur Seite und sagte „Mädel, ich muss es Dir sagen, aber das sieht gar nicht gut aus!“ Und da waren sie wieder, die eiskalten Hände….. Er meinte, sie solle ihn schnellstmöglich zum MRT schicken, mit ein bisschen Glück sei es ein unerkannter Hydrocephalus, den man beheben könne.

Die Hoffnung wuchs und es folgte das MRT. Doch dabei wurden „nur“ fleckförmige Gliosen im Pons sowie einzelne fleckförmige Gliosen im periventrikularen Marklager beidseits festgestellt. Für das Hämchen klang das beruhigend, doch der Arzt schüttelte nur den Kopf. Seine Prognose für die Zukunft war niederschmetternd. Doch mit dem, was dann geschah, rechnete keiner von ihnen.

Es begann damit, dass das Hämchen beim Kochen hörte, dass er oft lachend und ausgelassen telefonierte, während er aufs Essen wartete. Sie dachte noch, das muss aber ein netter Mandant sein, der ihn so aufmuntert. Dass das keinesfalls ein Mandant war, auf die abwegige Idee kam sie nicht – nicht bei dem Mann, der sie doch von Herzen liebte und ihr nie wehtun könnte! Ok, die Geschichte war schlimm, aber wie er eben immer sagte „Zusammen sind wir unschlagbar!“ Verdammt, auch das werden wir schon wuppen!!!

Doch dann, Anfang Juni, meinte der Stups, unbedingt mal so 2 Tage weg zu müssen, den Kopf klar bekommen. Das Hämchen war ziemlich erschrocken als er dies sagte und nicht einmal fragte, ob sie mitkommen wolle. Böse Ahnungen beschlichen sie und sie überlegte krampfhaft, was zu tun sei. Seine Worte, so könne er nicht leben, gingen ihr einfach nicht aus dem Sinn…. Letztendlich fiel dem Hämchen nur ein, ihm die kleine Kari mitzugeben, er würde doch alles vermeiden, was einem der geliebten Hunde gefährlich werden könnte!

Am 2.6. umarmte er dann sein Hämchen. Ein allerletztes Mal, doch das ahnte sie nicht. Nach der liebevollen Umarmung fuhr er mit Kari und dem Womo los – und das Hämchen alarmierte den Hausarzt, der sie bat, ihn immer auf dem laufenden zu halten, damit sie zur Not schnell agieren und die Polizei alarmieren konnten. Abends war das Hämchen dann etwas beruhigter, als er wie gewohnt, wenn er unterwegs war, anrief. Erzählte, er hätte einen schönen Campingplatz an der Mosel und sei ja bald wieder da, freue sich schon. Gottseidank!  Auch am Folgetag dasselbe und das Hämchen gab dem Arzt erst einmal Entwarnung. Er schien sich etwas gefangen zu haben und vielleicht war es wirklich gut, dass er einmal raus kam!

Doch am 4.6.2021 brach dann ihre eh nicht mehr ganz so heile Welt komplett zusammen….

Der gewohnte Anruf verlief so ganz anders, so furchtbar anders „Ich wollte Dir nur sagen, ich habe jemand anders kennengelernt und möchte mich scheiden lassen!“ Keine Erklärung, keine Entschuldigung, gar nichts – nur diese eiskalte Stimme!

„Willst Du mich verarschen?“ Mehr konnte das Hämchen nicht rausquetschen. Nach fast 45 Jahren Ehe eine lapidare Mitteilung per Telefon – das war doch nicht ihr Stups! Und witzig war das schon gar nicht, sie war doch nicht seine erste Grundschul-Liebe! Dann aber hörte sie im Hintergrund eine süßliche Frauenstimme, die nach „ihrer“ Kari rief. Aha, da musste sich jemand deutlich bemerkbar machen und beweisen, dass ihr Stups es sehr wohl ernst meinte. Das Hämchen war sprachlos, bekam nur noch mit, dass er morgen am Samstag ein paar Sachen holen kommen würde.

Dann rief sie die Stallmeisterin und Freundin Ronja, die sie erst einmal für irre erklärte – so was würde Krischan doch nie tun! Als sie begriff, dass das Hämchen keine dummen Witze machte, nahm sie sie in den Arm, doch die konnte nicht einmal weinen, kann es bis heute nicht, viel zu unbegreiflich und krank war das alles.

Am nächsten Tag kam der Stups dann mit Kari und dem Womo vorbei, ließ den Wagen vor dem Tor stehen, kam rein. Er begann mit „Ich kann mir vorstellen, dass Du jetzt enttäuscht bist“. Und wieder bekam sie nur ein gepresstes „Willst Du mich wirklich verarschen!“ raus. Enttäuscht? Das Hämchen war entsetzt, fassungslos, verstand die Welt nicht mehr! Fragte ihn, warum das Womo vor der Tür stand, er es nicht im Unterstand parkte. Er meinte, er müsse damit ja wieder los. Worauf sie erwiderte, das Womo brauchten doch die Hunde! Er widersprach nicht und sie parkte das Womo im Hof, seine Sachen holte er stillschweigend raus, verschwand dann wortlos mit seinem Mini. Zuvor hatte er noch Ronja gekündigt, ohne das Hämchen nicht einmal mehr duschen konnte, ganz abgesehen von der Versorgung der Tiere. Aufgrund ihrer Erkrankung, mittlerweile mit Schwerbehindertenstatus, wäre das Hämchen ohne sie total hilflos gewesen. Zum Glück erwog Ronja nicht einmal, sie alleine zu lassen.

Zurück blieb das Hämchen also mit 9 Hunden, 2 Pferden und 2 Eseln seines Gestüts, 2 Katzen und 2 Hühnern. Ohne einen Pfennig Geld, außer vielleicht 2 Euro im Portemonnaie. Die Idee, das gemeinsame Und-Konto für die Ernährung der Hunde zu nutzen, zerschlug sich – er hatte es mit einer gefakten Vollmacht leergeräumt. Angst machte sich breit.

2 Tage später bekam sie dann eine SMS über sein Telefon, in der sich ihr die Dame als zukünftige Frau Pröter präsentierte, die wohl noch viel zu tun hätte, ihren offensichtlich schlechten Geschmack in Bezug auf die Kleidung des Stupses zu ändern. Das Womo bräuchte man eh nicht, das stank nach Rauch.

Das war dem Hämchen nun doch etwas zuviel und sie lies das Handy, das auf sie lief, sperren. Das brauchte sie nun wirklich nicht! Die Daten waren noch für ein Jahr sicher, falls der Stups noch etwas davon brauchte, aber er nahm es nie wahr. Nachdem sie ihm das mitgeteilt hatte, beschimpfte er sie nur, da nun alle Kontaktdaten weg seien. Das waren sie nicht, doch es schien, er las nur, was er lesen wollte. Oder was „sie“ sagte, was er lesen sollte.

Wow, das fing ja gut an! Oh nein, es ging noch viel schlimmer, das sollte das Hämchen die nächsten Tage schon noch merken!

Sie war verzweifelt, verletzt, konnte das alles nicht glauben. Ihr Stups, bestes Mann von Welt – was machte er da, was tat er seinem Hämchen denn nur an?

Zuerst verband sie es gar nicht mit seiner Krankheit, dachte, ok, Du bist älter geworden, soooo hübsch wie früher bist Du wirklich nicht mehr. Und die Multiple Sklerose, die COPD, das Lungenemphysem, das zerdepperte Kreuz – ist bestimmt nicht spaßig für Deinen Mann, er ist gewiss total überfordert. Dazu Corona, das auch die Trainingstage und Coursings mit den Hunden unmöglich machte. Eine Reise nach Irland hatte hatte das Hämchen ihm ja gerade angezahlt, damit er endlich wieder einmal raus kam, sie stornierte, die Anzahlung war futsch. Mit all den zu versorgenden Tieren verkaufte sie dann doch erst einmal das Womo, um sie überhaupt ernähren zu können und mobil zu bleiben, denn ihr alter VW hatte äußerst päßlich den Geist aufgegeben. Es kam keinerlei Hilfe, selbst die Miete für die Kanzlei, die auf sie lief, stellte ihr Stups ein. Sie erinnerte mich noch deutlich an den Kauf damals. Er meinte, sie solle es haben, falls er im Alter einmal einen Hirnschuss bekäme, wäre sie wenigstens abgesichert. Damals war er noch so fürsorglich und wohl auch ein wenig weitsichtig….

Mit dem Geld von dem Womo war die erste Angst weg, das meiste vom Geld allerdings auch, da die ersten Anwaltswahl nicht sehr geschickt war und das Hämchen wechseln musste. Da waren dann mal gleich 8.000 der kostbaren Talerchen weg, aber es musste sein. Doch es war noch genug zum Leben übrig, und sie brauchte die so großzügig von vielen Freunden angebotene, finanzielle Hilfe nicht in Anspruch zu nehmen. Allerdings wollte der Stups zuerst die Hälfte des Kaufpreises, dann alles, weil es doch eigentlich ein Büromobil gewesen sei. Ahja, das war neu – es war ausschließlich für die Hunde angeschafft und ausschließlich für Fahrten mit ihnen genutzt worden. Das war gottseidank auch anhand der Coursingpässe und seinen eigenen Einträgen im Fahrtenbuch nachweisbar. Und warum hatte er es zurückgebracht und anstandslos da gelassen, wenns doch angeblich nur seins war? War ihm egal – kurz darauf wollte er alles…. Kosten hatte er weniger, vor Gericht vertrat er sich selbst, wohlgemut konnte er also ein Verfahren nach dem andren lostreten. Doch wie hatte er immer zum Hämchen gesagt? „Der Anwalt, der sich selbst vertritt, hat einen Esel zum Mandanten!“ Ob das auch beim Heimspiel galt?

Um überhaupt noch einkaufen zu können bzw. mit den Hunden mobil zu bleiben, hieß es, einen kleinen Kredit aufnehmen, einen neuen Bus anschaffen und selbst zu einem „reduce-to-the-max“ – Womo umbauen, damit die vierbeinigen Kinder auch weiterhin reisen konnten.

Den kaputten Bus hatte das Hämchen jedoch in Folge dann auch unterschlagen, aber das entkräftete eine von ihm selbst ausgestellte Schenkungsurkunde schnell. Auch das hatte er vergessen…

Sie postete eine kurze Homage an ihre Ehe auf facebook – und dann gings erst richtig los!

Schon am Tag nach seinem Auszug erschien das erste Kuschelbild mit rosa Sektchen aus der Kanzlei auf seiner offiziellen Facebook-Anwaltsseite. Sie im biederen Rüschenkleidchen – irgendetwas sah da verdammt unecht aus. Änderte sich dann auch bald, die Bekleidung wurde deutlich freizügiger, Bilder von wechselnden Trauringen folgten samt heißen Liebesschwüren. Auf der offiziellen Seite – das Hämchen schüttelte nur den Kopf. Mandanten, Kollegen riefen bei ihr an, doch sie schwieg zu dem Thema. Und trotzdem war nun wieder sie schuld daran, wenn Mandate aufgekündigt wurden, Kollegen über ihn lachten. Immer und immer wieder mußte sie als Sündenbock herhalten. Verstörend ein Anruf eines Kollegen „von der andren Seite des Tisches“, wie er sich anonym nannte und sie warnte. Diese Frau, die er mit dem Stups gesehen hätte, hätte schon fast seine Ehe zerstört und sie sei gefährlich. „Andre Seite des Tisches“ – das kannte das Hämchen, diesen Ausdruck benutzen Richter gerne.

Alle gemeinsamen Freunde streckten nach dem ersten Schock die Fühler aus und bald kamen sie der Sache näher. Sie entdeckten die bisherige Vita der Neuen, Diana Hinter, 27 Jahre jünger als der Stups, genauso alt, wie ihre gemeinsame Tochter heute wäre…. Das Hämchen war erst einmal völlig geschockt, als sie lesen musste, dass sie bis Ende 2020 seit 25 Jahren als Prostituierte gearbeitet hatte, bis hin zur Schaufensterpräsenz auf der Linienstrasse in Dortmund. Und dass es trotz Kennenlernen des Stupses noch immer ihre website als „naturgeiles Miststück“ gab und gibt, wo jedermann sie in natürlicher Schönheit bewundern und ihre Angebote studieren konnte. Gewiss ein ganz normaler Beruf, aber der Stups und eine Horizontale? Noch heute existiert die immer wieder alters- und aufenthaltsmäßig aktualisierte Seite. Nun aber war einiges klar – mit solchen, einschlägigen Lebenserfahrungen kennt Frau natürlich die Triggerpunkte älterer Männer. Und wie man das für sich ausnutzen kann. Und spätestens am bei dem schlimmen Anfall Mitte Mai wusste sie, dass nun flottes Handeln angesagt war, denn trotz blackouts hatte der Stups an dem Tag doch tatsächlich 3 x mit ihr gesprochen, wie die Gesprächsnachverfolgung im Nachhinein ergab.

Als nächstes meldete sich der „Noch-Ehemann“ – der später im Jahr mit Hilfe des Stups nach kurzer, absolut vorgehensgleich erschlichenen Ehe mit der Dame von dieser geschieden wurde. Und da ging es dann in die Einzelheiten, Dinge von denen das Hämchen bislang nicht wusste, das es sie überhaupt gab und schon gar nicht, dass sie jemals damit in Kontakt kommen würde. Natursekt? Kaviar? Die Freunde klärten auf….

Unverständnis, Wut, Fassungslosigkeit manifestierten sich in deren Kommentaren, nachdem die Dame auch noch begann, das Hämchen mehrfach öffentlich als alkoholkranke Kindsmörderin, die nie in ihrem Leben gearbeitet und dem armen Mann die grauenvollsten 45 Jahre seines Lebens beschert hätte, zu bezeichnen.

Ganz einmal abgesehen davon, dass das Hämchen seit über 10 Jahren überhaupt keinen Alkohol mehr anrührte und ihr Stups wohl Schnellmerker war – was zum Teufel sollte das mit dem Kind? Das geliebte und heißersehnte Kind, das Mädelchen, das sie alleine auf die Welt bringen musste, weil nebenan eine Frau „ein normales Kind“ bekam. Sie eine kindsatemlähmende Spritze bekam und das Kind deshalb kurz nach der Geburt starb, während die Hebamme um sie herumtanzte und ihr klar machte, dass sie bestimme, wer starb und wer nicht. Der Stups war fest an Gerichtstermine gebunden, konnte ihr nicht zur Seite stehen und so starb ihr Frühchen, auf das sie sich 8 Monate so sehr gefreut hatten. Nicht ein einziges Mal halten durfte das Hämchen ihr Kind. Die Klinik musste Strafe zahlen, aber das machte ihre Kleine nicht mehr lebendig. Ihr einziger Fehler – sie hatte zwar Alkohol gemieden, aber weiter geraucht, doch das war 1971 auch noch kein Thema. Die Ärzte sagten ihr, dass gerade, wenn ein Elternteil ebenfalls ein 8-Monatskind gewesen sei wie ihr Mann, die Gefahr eben groß wäre. Trotzdem gab sie sich irgendwie die Mitschuld – sie hatte in der Schwangerschaft doch ziemlich viel gearbeitet und auch weiter schwerer getragen. Das Hämchen konnte es kaum wahrhaben, besuchte nachts den Friedhof, hat es auch bis heute nie so ganz verwunden. Doch nachdem der Stups seinen ersten Schock überwunden hatte und ihr unendlich half, kehrte ein fast normales Leben zurück. Die beiden versuchten noch Jahre, ein zweites Kind zu bekommen, doch das Trauma war wohl zu groß.

Und gearbeitet hatte das Hämchen auch nie? Wer hat dann bitte die ersten 30 Jahre das Büro geleitet, später auch noch ein Gestüt mit teilweise über 20 Pferden und 5 Deckhengsten geführt und so ganz nebenbei Abitur gemacht und 20 Jahre lang als Journalistin und öbv. Sachverständige für Pferde und Hunde gearbeitet?

Was sollte der Blödsinn? Welchen Sinn hatte das? Erst als sich das Hämchen eines Abends dabei erwischte,  eine Handvoll Schlaftabletten grübelnd anzusehen, fing sie an zu begreifen. Und setzte sich auf die Hinterhaxen – nein, Leute SO nicht!!!

Und noch etwas begriff sie, nachdem sie die Beschimpfungen an den Stups weitergab und er sie als ihm bekannt abtat – das konnte nicht ihr Mann sein! Das war alles andre als normal für ihren sonst so aufrechten und liebevollen Stups. Spätestens jetzt erkannte sie, wie recht der ärztlicher Freund hatte, als er  meinte, es sähe gar nicht gut aus für ihn! Doch nicht nur für ihn.

Dem Ex, Thorsten Hinter, erzählte die Dame freudestrahlend, dass sie endlich ihren Sugardaddy gefunden hätte. Thorsten renovierte ihnen alsdann die gemeinsame Wohnung und bekochte die beiden. Aber klar, das konnte der Stups nicht, im Paradies war immer das Hämchen der Handwerker gewesen, sie tapezierte, flieste, putzte, wusch, kochte und hielt das Anwesen in Ordnung, der Stups war eher der Dichter und Denker. Heute wohl eher Undichter und das mit dem Denken, nun ja, lassen wir das. Der Ex badete den Stups sogar, als dieser einmal erkältet war – ohne dass dieser auch nur im Entferntesten ahnte, dass Thorsten sich danach genüßlich über dessen in seinen Augen mangelhafte Ausstattung auslies. Wenn sie sich gegenseitig besuchten, schlief die Dame beim Ex. Dann endete auch dieses überaus freundschaftliche Verhältnis. Und Thorsten beschränkte sich in Zukunft darauf, dass Hämchen überreden zu wollen, ihn als Alleinerben des Hofes einzusetzen, dann käme der Stups bestimmt zurück – doch diese Nachtigall trug Betonschuhe!

Mittlerweile hatten auch die Bürovorsteherin, die seit über 20 Jahren in der Kanzlei war, beide Schreibkräfte und letztendlich auch der langjährige Sozius gekündigt, weil sie das alles nicht mehr ertragen konnten, was im Büro so ablief, dazu Ihnen Illoyalität unterstellt wurde. Die beiden waren jetzt allein im Büro. Neue Kräfte blieben maximal einen Monat.

Dann ging es Schlag auf Schlag: Die beiden tauchten des öfteren auf dem Hof auf, wenn das Hämchen garantiert zu Hause war, fotografierten dies und das, parkten sie zu, damit sie nicht weg konnte, stolzierten so lange vor dem Wintergarten einher, bis die Hunde sich in die Wolle bekamen. Laya, die älteste, bekam ihren ersten Infarkt als die andren sich auf sie stürzten, es folgten einige weitere bis sie letztendlich starb. Ok, sie war 15, aber so hätte sie nicht enden müssen. Aber die so geliebten Hunde, auch sie interessierten ihn ja schon lange nicht mehr.

Und wie der früher so selbstbewusste Stups sprang, wenn das Monster rief! „Yalla, Yalla“ brüllte sie über den Hof, wenns nicht schnell genug ging. Und wie ein treuer Schäferhund stand er bei Fuss. Seinen geliebten Schnäuzer trug er nicht mehr, Haare gabs ja schon länger nicht mehr im Überfluß – aber wie Tante Google sagt, mögen Dominas auch keine Behaarung.

Im Januar stand sie dann feixend auf dem Zugang und rief „Schau mal in den Spiegel, dann weißt Du, warum Dein Mann Dich verlassen hat!“ Echt jetzt? Mag einfach nur zutiefst beleidigend gemeint gewesen sein, aber zeigte nur einmal mehr, welche Menschlichkeit hier zu bewundern war.

Dann hagelte es Anzeigen gegen die Freunde und natürlich auch das Hämchen, in einem Gerichtsverfahren wurde festgelegt, dass die gegenseitigen Beschimpfungen zu unterbleiben hätten. Ok, wenn sie es sein lässt, konnte auch das Hämchen damit leben. Die Anzeigen gegen die Freunde verliefen dann allerdings im Sand. Wie auch seine Beschuldigung, sie würde nur 2 Hunde versteuern, obwohl es 9 seien. Selbst das hatte er vergessen – sie hatten mit ihrer gemeinsamen kleinen Zucht noch immer Zwingerstatus, und da sind nur zwei Hunde in ihrer Gemeinde zu versteuern.

In Folge versuchte der Stups dann, die Teilungsversteigerung des Hofes durchzusetzen, parallel dazu dasselbe auch bei dem Anwesen des Ex-Ehemannes der Dame.

Das Hämchen war verzweifelt – wo sollte sie mit all den Tieren hin? Ohne Geld selbst ersteigern war illussorisch, die Banken verwiesen auf ihr Alter. Es zerriss sie, eventuell das Paradies zu verlieren. Gleichzeitig reichte er die Scheidung ein, Klage verfasst an seinem Geburtstag – als Geschenk an sich selbst, wie er ihr freudestrahlend mitteilte. Und seine Lebensgefährtin (?) stünde jetzt auch im Testament, damit sie abgesichert sei. Oh, hatte das Hämchen genau das nicht auch schon einmal gehört?

Zwischenzeitlich berichtete der Exmann, der laufend zwischen „ich liebe sie doch noch“, „ich bringe ihn um“ und „die können mich mal“ pendelte, dass sie schon vor seiner Tür gestanden hatte, weil „ihr der Alte auf den Geist ginge“ und sie dafür Sorge trüge, dass immer genug Alkohol im Büro für ihn erreichbar war und alle ihre Lieblingskunden nun Mandanten bei ihm seien, allen voran der Taxifahrer Bjön Rust und der Feuerwehrmann Don Querscheid. Und der Stups ahnt nichts….

Ihre Sorge wuchs ins Unendliche, aber sie war hilflos und musste einfach zusehen, wie ihr gemeinsames Leben und er zerstört wurden.

Zwischendurch tauchte auch noch ein abscheuliches Pamphlet in Koblenz auf, in dem „der Anwalt und seine Hure“ vorgeführt wurden. Auch das Hämchen und Ronja hier im Haus bekamen eine Ausfertigung davon. Beim 3. Exemplar für die obere Mieterin Genevieve Zucker, wussten sie dann, was drin war, ließen es verschlossen und brachten es zur Polizei. Vielleicht gabs ja Fingerabdrücke. Dieses Widerding konnte laut dem Stups nur das Hämchen verfasst haben – was bitte traute er ihr auf einmal alles zu? Dann berichtete der Ex-Ehemann, das Photo von ihr darauf würde nur auf ihrem PC existieren, das gäbe es nicht im Netz zu finden. Darüber solle das Hämchen doch einmal nachdenken. Das begriff sie nun nicht so ganz. Warum? Was sollte dieser Frau selbst das bringen? Doch sie hatte aufgegeben, in die Psyche eines Menschen eindringen zu wollen, der ohne zu überlegen in eine so alte Beziehung einbricht, unverzüglich beginnt, die Ehefrau auch noch aufs Tiefste zu verletzen und beleidigen und versucht, nachzutreten, so schlimm es nur geht, um das Ziel zu erreichen. Welches Ziel, darüber vermochte das Hämchen nicht nachdenken. Jede Frau, so sie sich wirklich mit 45 in einen 75-jährigen verliebt, würde stillschweigend abwarten, wie sich die Dinge entwickeln – aber das hier?

In Folge versuchte die ehemalige Liebesdienerin, ihm wieder einen Saluki zu beschaffen. Doch die Windhundgemeinde ist ein verschworenes Pack, das lief nicht! Und der Stups, der die Tiere so sehr geliebt hatte, sie aber bei den Besuchen kaum eines Blickes mehr würdigte, wollte ja eigentlich gar keinen Hund mehr. Aber sie…. Zwar gab es gemäß ihres Exmannes ein Hundehalteverbot, aber wen juckt so etwas. Also gab es einen tea-cup-Pudel. Dass diese Hunde mittlerweile aufgrund des Qualzuchtverbots nur noch schwierig und teuer zu bekommen sind, spielt ja keine Rolle, wenn man seit Mitte 2022 ein mit 2.600 € monatlich fürstlich entlohnter Lehrling in der Kanzlei des Freundes ist – damit „das Geld in der Familie bleibt“, so ihr O-Ton gegenüber ihren Freunden. Mittlerweile ist dann schon die 7 Gehaltserhöhung fällig gewesen. Weitere Kommentare zu dem armen Hund erübrigen sich, aber so sehr, wie der Stups auf diese „Zuchten“ früher geschimpft hatte, wuchsen ihre Befürchtungen ins Unendliche. Er hatte mittlerweile alle seine eigenen Überzeugungen verraten, war nur noch auf diese Frau fixiert. Die ihm vielleicht die Jugend – und Gesundheit – zurückgeben konnte? Oder die das einzige war, das ihm noch geblieben war?

Mittlerweile wurde der Kampf ums Paradies jedoch so belastend, dass das Hämchen kaum noch schlafen konnte, sich zum Essen zwingen musste, um ihre mittlerweile nur noch 58kg zu halten. Ein geplanter Teilverkauf auf der Basis einer Erbpacht zerschlug sich, da sie nicht später wieder vor demselben Dilemma stehen wollte, die potentiellen Käufer aber einen Niesbrauch ablehnten und nur Wohnrecht einräumen wollten, Dazu sollte die Hundeschule, die seit Jahrzehnten 2-3x die Woche hier arbeitete, verschwinden. Das Hämchen sollte eine liebe, alte Freundin verraten und auch noch ihre Existenz gefährden? Das ging nicht, also war das Thema vom Tisch.

Um weiterhin liquide zu bleiben, verkaufte sie 2 der zur Kanzlei gehörenden 4 Parker. Dann kam der nächste Hammer – eine Klage auf Rückforderung des Darlehens, das er ihr damals zum Kauf der Parker gewährt hätte. 1993. Ok, das Hämchen hatte immer alles unterschrieben, was er ihr vorlegte, sie vertraute ihm doch aus tiefstem Herzen! Hätte jeden erschossen, der unterstellt hätte, ihr Stups wolle ihr damit etwas Böses – wo sollte sie jetzt aber knapp 55.000 € nehmen?

Also war Suchen angesagt, und schnell fand sie den ursprünglichen Darlehensvertrag in den Akten – mit dem Vermerk „erl.“ oben.  Und sie erinnerte sich, dass er ihr den Vertrag irgendwann um 2014/15 zurückgegeben hatte, sie hatte gar nicht weiter draufgeguckt und ihn als erledigt abgeheftet.

Also weitersuchen. Und dann fand sie auch noch die alten Kontoauszüge und die Auszahlungsbestätigung der Lebensversicherung, mit der das Darlehen offiziell abgelöst werden sollte und wurde. Ein echter Messi schmeißt halt nix weg!

Also Luft holen und rein in den nächsten Prozess! Aber die mühevolle Recherche hätte sie sich sparen können. Der Richter schaute ihn an und meinte, ob er jetzt ernsthaft behaupten wolle, dass ein Darlehensvertrag, der 1993 abgeschlossen wurde und 2014 abgelaufen war, auf einmal 2022 zurückzuzahlen wäre. Zufällig direkt nach der Trennung von seiner Frau? Für ihn: Scheingeschäft! Und trotz heftigstem Widerspruch des RA Pröter damit Verabschiedung. Lief jetzt natürlich weiter, so schnell gibt der Stups nicht auf. Aber mit den Bankbelegen sah das Hämchen dem ganzen doch etwas gelassener entgegen. Hoffte nur, nicht noch mehr Blödsinn unterschrieben zu haben, zumindest wäre sie entschieden gegen eine Organspende, brauchte ihre kaputten Lungen doch noch!

Als nächstes dann die mail einer Unfallversicherung, die der Stups damals für das Hämchen abgeschlossen hatte und in der um Zahlung gebeten wurde. „Ihr“ Anwalt hätte mitgeteilt, dass er sie nicht mehr vertreten würde, und er hätte ihnen diese Kontaktdaten zur Verfügung gestellt. Mitttlerweile war also auch schon ein Parteiverrat akzeptabel. Das Hämchen einigte sich mit der Versicherung bezüglich des Vertrags, von dem sie eigentlich gar keine Ahnung hatte.

Da geschah plötzlich das erste Wunder – Freunde besorgten die ersten 100.000 zum „Freikauf“ des Heimes! Und die Bank spielte für die restlichen 90.000 mit! Wie das Hämchen das alles zurückzahlen sollte, wußte sie zwar nicht, aber erst einmal war das Zuhause gerettet – im Juli unterschrieb sie den notariellen Kaufvertrag. Der Stups war unheimlich nett an dem Tag, aber erneut musste das Hämchen sehen, wie schnell sein Verfall fortschritt. Gesicht aufgequollen, ein heftiges Bäuchlein vor seinem noch immer überschlanken Körper, sockenlos in den noch von ihr gekauften Turnschuhen unterschrieb er etwas zittrig mit einer Unterschrift, die nur noch entfernt an seine frühere erinnerte, den Vertrag. Diese schwarze Gestalt, unwillkürlich musste das Hämchen an den alten Film „Als die Gondeln Trauer trugen“ denken.

Und auch wenn das Hämchen nicht so genau wusste, wie es weitergehen soll – diese Last war erst einmal von ihr genommen! Scheidung kam überhaupt nicht infrage, sie hatten sich gegenseitig doch versprochen, immer füreinander da zu sein, in guten wie in schlechten Tagen! Der Stups hatte sie sogar einmal eindringlich gebeten, sollte seine Geisteskraft einmal nachlassen, bitte nicht aufzugeben. Und das Hämchen hatte es ihm in die Hand versprochen, wie auch er ihr. Sie war nur etwas enttäuscht, dass sie „ihr“ Gesicht nicht sehen konnte, als ihr Traum vom schnellen Geld und der neuen 2022er Frau Pröter mit lautem Knall platzte.

Aber auch wenn die meisten Freunde völliges Unverständnis zeigen, dass das Hämchen auch nur überlegen könnte, ihn nach all dem, was er ihr angetan hat, wieder aufzunehmen zu wollen, sie konnte und wollte sich nicht so einfach und billig aus der Verantwortung drücken. Ob sich jemals wieder etwas von dem hochanständigen, ehrlichen und liebevollen Mann, den das Hämchen damals geheiratet habe, in den Vordergrund drängen würde oder ob die verdammte Erkrankung alles davon rückstandslos gefressen hat, stand in den Sternen. Und ob es wirklich einfacher für das Hämchen werden würde, wenn das Geld alle und er wieder allein ist? Sie wusste es nicht, wollte es auch nicht wissen, aber wie sie es beide in der Vergangenheit gehalten haben „So lange noch Leben drin ist, geben wir nicht auf, NOGO!“

Dann wurde auch noch der graue Star schlimmer und schlimmer, das Hämchen sah immer weniger. Aber die OP hätte 2.000 € Zuzahlung gekostet, sie hatte doch nichts gespart, immer alles ihm gegeben. Wieder halfen Freunde – am 1. und 8.12.22 bekam sie „2 neue Augen“. Und er kaufte seiner Freundin einen Brillantring für ein paar Tausend €, mit dem sie hemmungslos vor ihren Freunden angab. Hässlich war das Teil – da gefielen dem Hämchen das billige Mickymaus-Handtuch und das Boston-T-Shirt, das ihr der Stups aus Italien und Australien mitgebracht hatte, aber eindeutig besser!

Kurz nach der Augen-OP, das Hämchen durfte noch einige Zeit kein Auto fahren, kam der wutentbrannte Aufruf vom Stups, sie solle endlich die anonymen Briefe lassen, dasselbe einige Zeit später, als das Hämchen mit einer Exazerbation in die Klinik eingeliefert worden war. Wie sollte sie das bewerstelligt haben – doch noch immer war sie der ach so praktische Sündenbock. Oder plagte ihn doch noch ein Rest von Gewissen und so war es einfacher, das beiseite zu schieben?

Der erste Lichtblick – die Räumungsklage gegen den Stups ging durch, obwohl er auf einmal einen Zusatzmietvertrag präsentierte, gemäß dem eine Kündigungsfrist von 5 Jahren vereinbart wurde. Von ihm als Mieter und Vermieter unterschrieben, basierend auf der längst ungültigen Generalvollmacht, mit der gewohnten, neuen, krakeligen Unterschrift. Wohlweislich ohne Datum, damit war die Dokumentenfälschung für ihn wohl nicht ganz so gravierend. Der Richter meinte nur, der Stups solle froh sein, dass das verspätet eingereicht worden sei, denn was er davon halte, brauche er wohl nicht zu sagen. Über 1.000 € extra im Monat, das Hundefutter war sicher! Und nun konnte sie die Kanzlei verkaufen!

Im Sommer 23 wurde die Ehe anstandslos geschieden, das Hämchen ging weiter zum OLG, aber alle Hoffnungen schienen zu zerbersten und sie wollte nicht mehr, stellte das Essen ein. Nach 7 Tagen überredeten die Freunde und ihr Arzt sie, doch wenigstens bis zum OLG-Urteil, abzuwarten. Nicht ganz überzeugt gab das Hämchen klein bei und kämpfte sich wieder ins Leben zurück. Sie hatte allerdings auch Angst, dass die Aussage des Arztes, man müsse sie sonst einweisen lassen, zutreffen könnte. Vielleicht bewog sie auch das freundliche Schreiben der Diana nach dem missglückten Versuch, erst mal weiterzukämpfen? Die hatte ihr vom Account des Stupses gemailt: „Dann machs doch endlich, Bitsch und koste uns nicht noch mehr Geld. Kann Dir auch helfen!“ Die gewohnte, gute Rechtsschreibung und das freundliche Wesen, das jetzt dringlich „ihre“ hart erkämpften Talerchen verteidigen musste.

Weiter ging es Schlag auf Schlag – der Stups wurde vom Ex-Ehemann zusammengeschlagen, musste per Sani in die Notaufnahme. Im Haus, wo die beiden wohnten kam es zum Eklat, als die Dame darunter lauthals Beschimpfungen durch den Flur brüllte: „Hure, Nutte, machts mit jedem, der zahlt“. Nun ja, im Erdgeschoß hört man schon, was darüber abgeht. Da wurde dann dem Vermieter zuerst einmal mit Mietminderung und Klage gedroht, eine Anzeige gestartet. Zur Antwort kam, dass man hier in der Mainzer Strasse wohne und nicht in der Nuttenallee und des Stupses Hörigkeit nicht sein Problem wäre. Autsch – die Fortsetzung hier bleibt abzuwarten.

Alsdann gewann der Stups den Parker-Prozeß doch noch vor dem OLG – aber das Hämchen hatte mittlerweile die Kanzlei verkaufen können und da „nur“ 25.000 € dabei für ihn beschlossen wurden, war es zu bewältigen und sie schickte ihm das Geld.

Endlich schuldenfrei, auch wenn die Hälfte der Kanzlei nur in Raten bezahlt würde! Doch als das Hämchen dachte, nun könne es sich erst mal erholen, kam der letzte und härteste Schlag: Im Juli 23 kam „versehentlich“ der Entwurf vom OLG mit der gleichzeitigen Bitte, das Schreiben nicht zu beachten….

Und da stand, das eine Härtefall-Nicht-Scheidung wegen Krankheit und Suizidgefahr nicht infrage käme, da jemand, der einen Suizid plane, ja noch soweit denken könne. Wie war das damals in Salem? Wenn die Hexe ertrank, war sie unschuldig. Und das beantragte Sachverständigengutachten – das Hämchen wusste ja selbst nicht, was da mit ihr geschah – wäre ein Ausforschungsbeweis, was der Teufel auch immer das bedeuten sollte. Einen Monat vor Verkündung schien also alles schon entschieden.

Jetzt war das Hämchen am Ende, es ging einfach nicht mehr weiter, sie wollte nur noch gehen und ihren Frieden haben, sterben als das, was sie immer war, Frau Pröter! So gerne hätte sie im Hintergrund für ihn da sein wollen, wenn die rücksichtslose Frau alles abkassiert hatte, aber die Kraft reichte nicht mehr und am 14. Juli stellte sie erneut das Essen ein. Fiel nicht schwer, denn drin bleiben wollte sowieso nichts mehr.

Und so sass sie da, wartete auf das Wunder, das nie kommen würde und freute sich irgendwie auch auf die Suche nach ihrem Stups da oben. Denn das der eindeutig tot ist, wurde ihr immer mehr bewusst. Aber irgendwo musste er sein – und sie würde ihn finden, den Stups, die Liebe ihres Lebens. Dessen Geist sich so einfach davongeschlichen hatte.

So lange hatte sie durchgehalten, unglaublich viel verdankte sie dafür ihrer Schwägerin, Heike Altmeier aus dem Saarländischen, die sie jede Woche anrief und sie aufbaute, ihr half, wo sie konnte. Heike, die auch nicht verstehen konnte, was mit ihrem Bruder da passiert war. Die fast genauso litt….

Ein letzter Brief an ihn, wohlüberlegt und ohne jede Anschuldigung, wurde beantwortet mit: „Jeder ist für sein Leben selbst verantwortlich. Du hast Diana und mir das Leben zur Hölle gemacht. Wir sind bald geschieden. Jeder hat sein Leben. Krischan und Diana“

Was oh Gott hatte das Hämchen denn getan? Sie wollte mit der Frau nicht sprechen, mit deren ganzen ordinären Art kam sie nicht zurecht. Sie hatte jetzt über 2 Jahre versucht, zu überleben ohne andre zu sehr belasten zu müssen, mit allen Kräften die gemeinsamen Tiere versorgt, hatte gegen die Scheidung Einspruch erhoben. Um ihn zu schützen, aber das würde er nie mehr verstehen, in seinem immer mehr nachlassenden Geist hat nur noch der Gedanke Platz, er hätte die unglaublichste Liebe seines Lebens gefunden. Die den Teufel tun wird, ihn zu pflegen, wenn das Geld zur Neige geht und er nur noch Belastung ist. Doch das musste er nun selbst regeln. Dass der Stups aber die Sache offensichtlich noch beschleunigen wollte mit seiner herzlosen Antwort, dazu auch noch im Namen der nicht grad beliebten Fremden, konnte sie kaum fassen. Doch wenn sein Leben in Zukunft darin bestehen soll, völlig sinnfrei über die Wirkung von Moossalbe auf die verlebten Züge zu diskutieren oder die optische Aufwertungsqualität von billigen Brillis und Extensions, dann sollte das eben so sein.

Schon als der Stups zu feige war, ihr zu sagen, was ihn bedrückt, hätte das Hämchen es ahnen müssen, doch sie war so dumm, ihrer Liebe so sicher. Vertraute ihm wie keinem zuvor. Dass etwas nicht stimmt, hätte sie eigentlich schon im März 21 erkennen müssen, als auf einmal der Fussel, der etwas authistische, nicht ganz einfache Rüde, mit gebleckten Zähnen auf den Stups losging – ER hatte etwas gemerkt! Und der „Papa“, der ihn mit auf die Welt geholt hatte, den er seit 7 Jahren kannte und liebte, mutierte für ihn ab da zur Persona non grata! Ab dem Moment, wo er nach dieser Frau roch, nach Bosheit und Verderben…..

Wieviel Häme, Verrat und Empathielosigkeit kann ein Mensch ertragen? Das Hämchen weiß es nicht, will es auch nicht ausloten, hofft nicht mehr auf ein Wunder. Der Stups nannte es einen Rosenkrieg, den sie da angezettelt hätte – statt still und unauffällig abzutreten. Dem Hämchen kams eher vor wie eine staatlich abgesegnete Hinrichtung, denn Rosen sind wunderschön, duften süss, man sollte ihren Namen nicht für solch abscheuliche Handlungen mißbrauchen.

Und auch wenn der Gedanke anfänglich beängstigend war, nie mehr die geliebten Tiere und Menschen sehen zu können, nie mehr das mit soviel Liebe geschaffene Paradies, so kommen jetzt andre Gedanken. Die beiden Mütter wiedersehen! All die zwei- und vierbeinigen Freunde, die schon gegangen sind – besonders den roten Teufel! Hoffentlich…. Hoffentlich nicht alles das eine beruhigende Illusion! Oder wiederkommen? Alles besser machen, instinktiv aus Fehlern gelernt haben, vielleicht sogar wissen, was jetzt auf einen zukommen kann – geht das überhaupt? Langsam wird das Hämchen sogar ein wenig neugierig!

Mittlerweile nach 12 Tagen ist sie schon etwas schwach, die Beine wollen nicht mehr so recht, aber es ist gut erträglich. Und sie kann wieder etwas schlafen.

13. Tag, die Luft wird knapp, es fällt dem Hämchen immer schwerer, zu atmen. Morgen kommt der Arzt zur Visite.

14. Tag, Krämpfe gesellen sich zu den Beschwerden, Schwindel – aber es ist erträglich. Der Doc war da und es hat gut getan, ein Gespräch ohne Zwang zu führen, geistige Einbahnstrassen zu erkennen, vielleicht etwas Hilfe auf dem letzten Weg. Allein der Hinweis, das Leben sei doch ein Geschenk, war nicht sonderlich hilfreich. Ja, manchmal ein Danaer-Geschenk, nur hatte das Trojanische Pferd wenigstens noch einen sinngeführten Inhalt. Und eigentlich hat das Hämchen ja auch niemand gefragt, als es aus dem Seelenpool in die Welt katapultiert wurde, ob dieses Geschenk überhaupt willkommen war. Oder auch nur erklärt, was es nach sich ziehen würde.

15. Tag, keine Änderung, nur die Luft wird besser nach den Medikamententips des Docs. Eigentlich war das Hämchen ja glücklich, von dem Morphin langsam wegzukommen, das Canabis half viel besser, dachte sie. Aber für die Luft sei eine Minimalmenge Morphin nicht schlecht, also beibehalten. Die schrecklichen Schmerzen der PZN, der Post-Zoster-Neuralgie, sind damit auch besser im Griff, und sie spürt keine Wechselwirkungen, lässt auch viel Zeit zwischen der Einnahme. Läuft:-).

16. Tag, Keine Veränderungen, ein wenig weniger Luft, aber das Hämchen kanns aushalten. 55 kg hat sie immerhin noch. Doch gestern kam eine böse Nachricht: Heike sagte ihr, dass Hämchens Anwalt falsch liegt. Sollte der Stups jetzt sterben, erbt sie nichts – aber stirbt SIE, ist er erbberechtigt! Weil sie der Scheidung nicht zugestimmt hat – was sind das für Gesetze? Dann wäre das Zuhause der Tiere weg, ihre Zukunft zerstört! Das darf nicht passieren, sie muss das unbedingt klären – oder umstrukturieren. Bis Dienstag ists ja nicht mehr lang, dann kommt Heike. Will sie wenigstens nochmal sehen, egal was kommt.

Es war schön, Heike und Bruno zu sehen, sich nicht mehr so einsam zu fühlen! Familie…… Und die beiden erklären ihr ganz genau, was passieren wird! Die Tiere, auf einmal sind sie trotz Testament gar nicht mehr sicher! Ganz klar, dass der Stups als Familienrechtsanwalt das weiß – dem Hämchen wurde urplötzlich übel, verdammt übel. Darum also die Bit“s“chmail von ihr, die absichtlich verletztende Rückantwort – für die Beiden wäre das natürlich der profitabelste und eleganteste Weg. Es ist nicht seine Schuld, immer wieder muss sie sich das sagen, er darf ja sowieso nicht mehr selbst denken. Und trotzdem schmerzt es. Wann endlich wird sie begreifen, dass ihr geliebter Stups nicht mehr da ist? Aufgefressen von einem erbarmungslosen Schicksal, sein malträtierter Körper in ein unwürdiges Leben gedrängt von einer skrupellosen Frau.

20. Tag: Zurück ins Leben ist nicht ganz so einfach, aber seit gestern bleibt zumindest Eiscreme drin, was andres geht noch nicht. Fast hatte das Hämchen es doch schon geschafft, dann diese Hiobsbotschaft. Die Tiere, das einzige, für das sie überhaupt noch lebt – die müssen sicher sein. Der Anwalt war einmal mehr äußerst hilfreich – „Wenn Sie jetzt aufhören, glaubt Ihnen kein Mensch oder Gericht mehr!“ Hallo, gehts noch? Das Hämchen wollte es doch nicht für die andren, sie wollte es für sich, weil sie einfach keinen Sinn mehr sah, keine Kraft mehr hatte. Auch keine Kraft mehr, das alte Versprechen zu halten. Doch der Sinn ist ja leider wieder aufgetaucht, die Verantwortung, die sie auch für die Tiere übernommen hat. Die kann sie nicht einfach so abstreifen wie das langsam doch sehr lästige Leben!